Euroswitch: Aktien im Sturm

Die Zinswende schien bis Mitte Februar unabwendbar. Dann begann der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die Karten wurden neu gemischt. Thomas Böckelmann, Portfoliomanager bei Euroswitch: „Die ersten Kriegstage konnten den zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Abwärtstrend bei Aktien nicht signifikant verstärken, vielmehr setzte eine Gegenbewegung ein und viele Werte notieren heute über dem Niveau von vor dem Krieg.“ 

Und dennoch sei Vorsicht geboten, da der faktische Ausfall wichtiger Güter wie Getreide und Neon aus der Kriegsregion sowie die durch die Sanktionspolitik betroffenen Güter wie Nickel, Gas oder Öl nicht nur verknappend und damit stark inflationär, sondern über den Wertschöpfungsfaktor gleichzeitig extrem bremsend auf die Weltwirtschaft wirken.

„Der Wohlstandsverlust ist daher nicht nur auf den aktuell reduzierten Handel begrenzt – er beträgt ein Vielfaches und wird sanktionierte wie sanktionierende Wirtschaftsregionen treffen“, so Böckelmann. Und weiter: „So moralisch richtig und erforderlich die Sanktionen sind, so steigt doch die Gefahr, die Weltwirtschaft über die Klippe in die Rezession zu stürzen. Die Gefahr wird noch verstärkt durch aktuell prozyklisch agierende Notenbanken, die sich mit Zinsanhebungen der Inflation entgegenstemmen müssen.“ Ruhe bewahren, auf Qualität und globale Trends zu setzen, sei der Schlüssel für den Anlageerfolg.

Das Paradox, dass sich Aktien jüngst erholten, scheint dann weniger irrational, wenn infolge des Krieges und seiner negativen weltwirtschaftlichen Folgen die Zinserhöhungsschritte weit weniger dramatisch und nachhaltig ausfallen würden als zunächst gedacht. Die Entwicklung der sogenannten Zinsstrukturkurven an den Anleihenmärkten unterstreicht diese Deutung. „Insofern scheinen zwar die Zutaten für einen perfekten Sturm gegeben – allerdings besteht offensichtlich die Hoffnung an den Aktienmärkten, dass die Notenbanken die Zinsschraube nicht überdrehen werden“, so Böckelmann. Auch dürfe analog der Finanzkrise und der Pandemie die globale Fiskalpolitik mit Paketen und Stützungsmaßnahmen aktiv werden, um eine Rezession zu vermeiden.

Erfolgsgarant Stockpicking

Reine indexnahe Marktinvestments erscheinen im aktuellen, von Ungewissheiten geprägten Umfeld wenig sinnvoll. Vielmehr gelte es die Unternehmen und Geschäftsmodelle zu identifizieren, die weiterhin von globalen Trends profitieren werden. Viele dieser Trends sind laut Böckelmann nicht nur intakt, sie werden teilweise sogar beschleunigt: Neben dem Transmissionsmechanismus bei der Rohstoff- und Energieversorgung sind vor allem die demographische Entwicklung und der Bedarf an technischen Erneuerungen zu nennen.

„Stockpicking ist also der Schlüssel für den Anlageerfolg bei Aktien. Dabei verlangen aktuell unsichere Szenarien eine klare Ausrichtung der Aktienselektion nach Qualität,“ so Böckelmann. „Gerade im Bereich der technologischen Disruption finden sich zwar viele Hoffnungsträger, diese sind aber oftmals von Mangel an Qualität gekennzeichnet – zu oft liegt der potenzielle Erfolg zu fern in der Zukunft.“ Anders sieht es im Bereich der Enabler aus. So gibt es schon heute hochprofitable Marktführer zum Beispiel im Chemiesektor, die die Weiterentwicklung von Zukunftstechnologien erst ermöglichen. Daneben stehen weltbekannte Marken unterschiedlichster Branchen, die auch im aktuellen konjunkturellen

Umfeld über entsprechende Markt- und Preismacht verfügen.