SAM: Schwellenländer nach Corona

Die Impfkampagne hat in den letzten Monaten weltweit gute Fortschritte gemacht. „Bei dem derzeitigen Tempo werden die meisten Länder bis Ende des Jahres einen sehr hohen Anteil ihrer Bevölkerung vollständig geimpft haben“, erklärt Klaus Schrüfer, Chief Market Strategist bei Santander Asset Management Germany. Ein Blick auf die Schwellenländer verrät, dass einige Regionen jedoch hinterherhinken. „Erfreulich sind dagegen die Nachrichten aus Indien, dem zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt. Vor einigen Monaten war Indien noch ein klarer Nachzügler, doch bis Ende 2021 werden 70 Prozent der Zielbevölkerung (älter als 14 Jahre) geimpft sein. Nur in einigen wenigen Schwellenländern wird der Anteil der geimpften Bevölkerung bis dahin noch relativ niedrig sein und bei 50 Prozent oder darunter liegen“, sagt Schrüfer.

In der Zwischenzeit scheinen die Ansteckungen in der vierten und bisher letzten Welle weltweit ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Während dieser Phase sind vor allem Menschen in den Industriestaaten erkrankt, was auf die Delta Variante zurückzuführen ist. Das erklärt, warum die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 etwas weniger gestiegen ist, als die Zahl der Ansteckungen insgesamt. Zu den guten Nachrichten gehört auch, dass in einigen Ländern wie Israel, damit begonnen wurde, Auffrischungsimpfungen zu verabreichen.  

In den Schwellenländern ist die gute Nachricht, dass es seit Mai in den größten Ländern wie China und Indien kaum Anzeichen für neue Wellen gibt. Die Zahl der Todesfälle hat sich jedoch nicht von der Entwicklung der Ansteckungen abgekoppelt. Ein Grund ist wahrscheinlich, dass sich die Impfung in den meisten Schwellenländern verzögert hat.

In den asiatischen Schwellenländern erreichten, mit Ausnahme von China und Indien, die Ansteckungen vor kurzem ihren Höhepunkt und begannen merklich zu sinken. In Lateinamerika war die Entwicklung der Covid-Infektionen und der Todesfälle in den letzten Monaten recht ermutigend.

„Die Zahl der Ansteckungen korreliert stark mit der Mobilität der Menschen. In diesem Zusammenhang hat sich die Mobilität in den Schwellenländern verbessert, während der Grad an Mobilität in den Industrieländern stagniert. Eine Umkehrung des früheren wirtschaftlichen Aufwärtstrends scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Das anfänglich schnellere Tempo der Impfungen in den Industrieländern erklärt, warum das Vertrauen der Unternehmen in diesem Bereich höher ist. Aber die Zunahme der Ansteckungen in den letzten Monaten hat ihren Tribut gefordert“, resümiert Schrüfer.

Blick nach LatAm: Asset Allokation in Chile und Argentinien

Obwohl die Impfkampagne in Chile auf Hochtouren läuft und die Kupferpreise weiter gestiegen sind, könnten die politischen Unruhen zu einem gewissen Anstieg der Volatilität führen. Schrüfer beurteilt den chilenischen Finanzmarkt: „Ende des Jahres werden Wahlen stattfinden, was die Unsicherheit in der chilenischen Politik nochmals verstärkt. Daher bleiben wir gegenüber chilenischen Aktien neutral.

An den Geldmärkten ändern wir unsere Einschätzung von stark untergewichtet auf untergewichtet, da die kurzfristigen Anlagen attraktiver geworden sind. Die chilenische Zentralbank ist sehr besorgt über den Anstieg der Liquidität und der Inflation und hat im Sommer den Tagesgeldsatz um 75 Basispunkte angehoben, während sie ihre Inflationsprognose für 2021 auf 5,7 Prozent gegenüber ihrem Ziel von 3 Prozent anhob.

Wir ändern auch unsere Einschätzung für lokale Staatsanleihen von neutral auf untergewichtet, da wir angesichts der jüngsten Anhebung des Tagesgeldsatzes und der Ansichten der Zentralbank über die Zinstrends besorgt sind.

Bei inflationsgebundenen Anleihen bleiben wir übergewichtet. Auf dem gegenwärtigen Niveau sehen wir weiterhin Wert auf dem Markt.

Was Kredite angeht, gewichten wir diese mit höherer Qualität über, beispielsweise von systemischen Banken mit den höchsten lokalen Ratings und Blue-Chip-Unternehmen mit niedrigeren Verschuldungskennzahlen und Zugang zu den lokalen und internationalen Märkten, falls erforderlich. Wir bleiben negativ gegenüber höher rentierlichen Titeln.“

In Argentinien wird am 14. November gewählt. „Allerdings sind die laufenden Umfragen unserer Meinung nach nicht zuverlässig. Die Prognosen fallen derzeit zu unterschiedlich aus. Die Zusammensetzung des neuen Parlaments bleibt daher für uns noch offen. Aus diesem Grund ändern wir für Argentinien unsere Einschätzung über Aktien und stellen von einem Übergewicht auf neutral um“, erklärt Schrüfer. Weiter erklärt er: „Im argentinischen Geldmarkt bleiben wir untergewichtet, da die Renditen aufgrund der staatlichen Interventionen und der massiven Finanzierung des Schatzamtes durch die Zentralbank deutlich unter der Inflationsrate liegen.

Aus taktischen Gründen bleiben wir bei Anleihen in lokaler Währung und Staatsanleihen neutral, da der jüngste Anstieg der Sojabohnenpreise es der Regierung ermöglichen wird, ihre unter der Inflation liegende gleitende Bindung aufrechtzuerhalten und durch Marktinterventionen den Wechselkurs zumindest bis Dezember unter Kontrolle zu halten. Wir bleiben bei inflationsgebundenen Anleihen übergewichtet, nachdem sich die Zinskurve nach oben verschoben hat und die Anlagen ohne fundamentale Gründe überverkauft wurden.

Insgesamt sind wir bei Argentinien nach der starken positiven Kursbewegung im letzten Monat sehr vorsichtig.“