Vates Invest: Banken treten auf Kreditbremse: Auftakt zur Rezession?

Die Banken vor allem in den USA vergeben Kredite derzeit immer zögerlicher und heben die Anforderungen an Sicherheit immer weiter an. „Eine solch restriktive Kreditvergabe zeigte bislang immer eine kommende Rezession an“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Damit liegt die Trefferquote dieses Indikators sogar noch höher als die reine Betrachtung einer inversen Zinsstrukturkurve.“

Das Jahr 1967 war das einzige Jahr, in der einer Inversion der US-Zinsstruktur keine Rezession folgte, also das einzige Fehlsignal dieses Indikators. Der Aktienmarkt spielt derzeit klar die Wiederholung dieses Ausnahmefalles von 1967 und hangelt sich immer weiter nach oben. „Das geht so weit, dass die Sentimentindikatoren bereits wieder Euphorie anzeigen“, sagt Bente. „Doch dafür ist es sicherlich deutlich zu früh.“

Denn auch wenn sich die Märkte die Wiederholung von 1967 wünschen und statt einer Rezession auf weiteren Aufschwung setzen: „Die aktuelle Situation des Jahres 2023 unterscheidet sich hinsichtlich eines wichtigen Aspektes fundamental von der 1967“, sagt Bente. „Damals folgte auf die Zinsstrukturkurveninversion keine Verschlechterung der Kreditvergabestandards.“ Diese andauernde Kreditvergabefreude bei den Banken damals ist heute nicht zu sehen. Und eine restriktive Kreditvergabe ist ein wichtiger Zwischenschritt im Transmissionsmechanismus von restriktiver Geldpolitik hin zu einer Rezession.

„Die Entwicklung am Aktienmarkt und die Entwicklung der Kreditvergabestandards widersprechen sich somit aktuell diametral“, so Bente. „Und nur einer von beiden wird am Ende Recht behalten können.“ In diesem Kräftemessen haben die Kreditvergabestandards dabei nicht nur die grundlegende Logik makroökonomischer Wirkungszusammenhänge, sondern auch eine historische Trefferquote von 100 Prozent auf ihrer Seite.

Doch warum sind die Kreditvergabestandards so wichtig? Grundlage der Indikatoren bildet der Senior Loan Officer Survey. Darin befragt die Federal Reserve seit 1964 jedes Quartal mehr als 100 in den USA tätige Banken hinsichtlich ihrer Kreditvergabepraxis. Die makroökonomische Logik aus einer derzeit vorliegenden Inversion der Zinsstrukturkurve und Kreditvergabe ist folgende: Je steiler die Zinsstrukturkurve, desto attraktiver ist die Fristentransformation für die Banken und damit die Attraktivität der Kreditvergabe.

„Umgekehrt ist es bei einer flachen oder gar inversen Zinskurve“, sagt Bente. „Daher folgt einer inversen Zinskurve zunächst die zunehmende Zurückhaltung der Banken bei der Neukreditvergabe, die sich durch strengere Kreditvergabekriterien ausdrückt.“ Diesem gesenkten Kreditimpuls folgt dann die Rezession. Die fundamentale makroökonomische Logikkette lautet also: Inverse Zinsstruktur -> Restriktive Kreditvergabe -> Rezession = Aktienbärenmarkt.

„Diese Wirkungskette ist bis zum zweiten Kettenglied bis dato voll intakt“, so Bente. „Deshalb ist es schwer verständlich, wieso dieses Mal in Bezug auf die Zinsstrukturkurve alles anders sein soll.“ Denn die zentrale realwirtschaftliche Folgewirkung der Inversion, die restriktiveren Kreditvergabestandards, sind ja bereits Realität. Lediglich das dritte Kettenglied einer US-Rezession ist noch ausstehend. „Diejenigen, die aktuell die Dieses-Mal-ist-alles-anders-Argumentation hinsichtlich der Zinsstrukturkurve führen, müssten also eigentlich Argumente anführen, warum die restriktiven Kreditvergabestandards dieses Mal zu einem Soft Landing führen“, sagt Bente. „Es wäre das erste Mal, seit die Daten aufgezeichnet werden.“ Die Rezessionsgefahr und damit auch die Bärenmarktgefahr bleiben deshalb weiterhin akut.