LFDE: Falken läuten geldpolitische Kehrtwende ein

Doppeltes Tempo bei der Reduzierung der Netto-Wertpapierkäufe, drei vom Fed-Gouverneursrat erwartete Zinsanhebungen für 2022 und ebenso viele für 2023 sowie Vorrang für die Bekämpfung der Inflation gegenüber der Vollbeschäftigung um jeden Preis: Die US-Notenbank Fed ist auf ihrer letzten geldpolitischen Sitzung des Jahres unbestreitbar auf einen restriktiveren Kurs eingeschwenkt. Dies kommt wenig überraschend, wurde der Weg doch im Voraus klar abgesteckt. Dennoch handelt es sich hierbei um eine wichtige Kehrtwende. Sie gibt einen Vorgeschmack darauf, dass sich die Unterstützung der Zentralbanken für Wirtschaft und Märkte abschwächen wird – zumal die Fed in diesem Fall nicht alleine ist. Sagt Olivier de Berranger, CIO bei LFDE in einer Marktenschätzung.

Weltweite Einigkeit – mit Ausnahme von China

Obwohl ein weiterer Aufschub erwartet wurde, kündigte die Bank of England eine erste Anhebung ihres Leitzinses an. Sie hatte hierauf im Vormonat verzichtet, als alle Marktbeobachter mit einer Ankündigung gerechnet hatten. Zur Bekämpfung der mittlerweile sehr hohen Inflation haben zahlreiche Zentralbanken großer Schwellenländer – beispielsweise Brasilien, Mexiko und Russland – in den vergangenen Monaten die Zinssätze bereits deutlich angehoben. Selbst die Zentralbanken mit der lockersten Geldpolitik drehen allmählich den Geldhahn zu. So verkündeten die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan das baldige Ende ihrer Wertpapierkaufprogramme, die sie im Frühjahr 2020 aufgelegt hatten. Einzig die chinesische Zentralbank, die mit Entschlossenheit die Schwachstellen der heimischen Wirtschaft behebt, fällt hier aus der Reihe.

Massive Liquiditätsstütze bleibt (vorerst) bestehen

Dieses zweifelsohne restriktive Umfeld ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem jähen Ende der geldpolitischen Unterstützung. Belegt wird dies beispielsweise durch die Bilanzen der Fed und der EZB, die mittlerweile ein Volumen von insgesamt mehr als 18 Billionen Dollar haben – also fast das Doppelte der Summe von Anfang 2020. Auch wenn die Erhöhung dieser Bilanzen mit dem Auslaufen der Wertpapierkaufprogramme schrittweise beendet wird, wird die Wiederanlage der fällig gewordenen Wertpapiere eine massive Liquiditätsstütze bleiben, solange die Verringerung ihres Volumens noch nicht eingeläutet wurde. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass die Zentralbanken flexibel vorgehen werden, falls der derzeitige, solide Wachstumstrend außer Tritt geraten sollte.

Was das neue geldpolitische Umfeld für Risikoanlagen bedeutet

Dennoch wird diese restriktive Kehrtwende für die Märkte für Risikoanlagen nicht folgenlos bleiben. Eine Phase mit Zinsanhebungen ist für die Aktienmärkte statistisch betrachtet nicht negativ, sofern die Entwicklung schrittweise erfolgt und der zeitliche Ablauf klar ist. Die Sitzung der Fed hat dazu beigetragen, dass die Märkte den Kurs der geldpolitischen Straffung besser einschätzen können. Das Risiko einer neuerlichen überraschenden Beschleunigung des zeitlichen Ablaufs der Inflationsbekämpfung ist jedoch noch nicht ausgeräumt. Gewiss ist hingegen, dass eine ausgeprägte geldpolitische Straffung nicht neutral auf die Erwartungen der Anleger hinsichtlich der Bewertungen wirken wird. Nach fast zwei Jahren, in denen die Märkte häufig wider jeglicher Rationalität bei den Kursen durch massive Geldströme befeuert wurden, dürfte dieses neue geldpolitische Umfeld den Begriffen Qualität, angemessene Bewertung, gesunde Bilanz und Pricing Power zu neuer Geltung verhelfen.