Geld ist immer knapp, fast alle Menschen müssen ihre Bedürfnisse mit beschränkten Ressourcen erfüllen. Und so wie jeder Mensch für sich oder zumindest jeder Haushalt wie ein kleines Unternehmen agiert, sind auch hier Entscheidungen für etwas auch immer Entscheidungen gegen etwas anderes. Durchblick in Finanzdingen erhoffen sich viele Menschen von ihrem Finanzberater. „Doch die Wissensasymmetrie zwischen Berater und Kunde birgt die Gefahr, dass der Kunde schlicht das tut, was der Berater sagt“, so Horst Schneider, CEO der AIR GmbH. „Viel wichtiger ist es, einen Menschen in die Lage zu versetzen, seine finanzielle Situation eigenständig zu durchschauen und nach seinen Bedürfnissen zu gestalten.“
Doch das ist nicht einfach. Das Wissen der Menschheit wächst unaufhörlich. Bereits in den 1960er-Jahren schrieb der britische Wissenschaftshistoriker Derek de Solla Price, dass die wissenschaftliche Information exponentiell wächst und sich alle 15 Jahre verdoppelt. Heute hat sich dieser Zeitraum deutlich verkürzt und die Entwicklung der Rechnerleistung dürfte den Prozess noch weiter beschleunigen. Da niemand diese Menge an Informationen speichern und verarbeiten kann, gibt es Spezialisten für immer mehr Fachgebiete. „Das ist auch beim Thema Finanzen nicht anders“, sagt Schneider.
In der herkömmlichen Finanzberatung herrscht eine Asymmetrie des Wissens: Der Berater weiß viel, der Kunde wenig. Das ist zunächst kein Problem. Es wird aber dann problematisch, wenn der Berater zu einer Autorität wird, der sich der Kunde ohne zu fragen unterordnet. „Das wichtigste Ziel ist, dass sich Kunden bei ihren Entscheidungen nicht zu sehr von dem beeinflussen lassen, was eigentlich der Berater will“, sagt Schneider. Stattdessen müsse eine Beratung den Kunden befähigen zu verstehen, was er will, was er dazu braucht – und warum.
„Der Kunde hat ein Recht auf Verstehen“, sagt Schneider. „Nur so entsteht Unabhängigkeit von Entscheidungen, Meinungen und auch von potenziellen Interessenskonflikten des Gegenübers.“ Die finanzielle Ausgangslage zu erfassen und die vorhandenen Angebote zu überprüfen, greift dabei zu kurz. „Das alles ist erst ein zweiter oder dritter Schritt“, sagt Schneider. „Das Wichtigste ist, die eigenen Bedürfnisse zu verstehen, den Lebensstil, die Einstellungen oder Wünsche.“ Daraus entsteht die Messlatte, eine Persönlichkeitsbenchmark, die dann in finanzielle Entscheidungen umgesetzt werden kann.
Die Erforschung der Kundenbedürfnisse ist die eigentliche Herausforderung. „Nicht die Produkte, sondern ihre Auswirkungen stehen im Vordergrund“, erklärt Schneider: „Wie sehen die Folgen bestimmter Entscheidungen aus?“ Eine solche Beratungsdidaktik erfordert sowohl Fachkenntnisse als auch Empathie, um die Motive und Emotionen des Kunden zu verstehen. Dies ist in der Regel von den meisten Finanzdienstleistern nicht umsetzbar, geschweige denn in großem Umfang skalierbar. „Ein passgenaues Bedarfsprofil, welches die lebenslangen Geldbedürfnisse und das persönliche Sicherheitsbedürfnis abbildet, führt zur finanziellen Klarheit“, so Schneider. „Und kann dann erst mit konkreten Produkten bedient werden.“