BCB Group: Kryptos – Aufholjagd der Traditionalisten

Neobanken sind den klassischen Geldhäusern dicht auf den Fersen und haben ihnen in kurzer Zeit wichtige Kunden abgeworben. In der Folge haben die Traditionshäuser nachgezogen und bei Apps und Technik aufgeholt. „Jetzt droht traditionellen Banken beim Thema Krypto eine Wiederholung“, sagt Mike Hofer, Chief Banking Officer bei der BCB Group, die als Zahlungsdienstleister für die Digital-Assets-Industrie tätig ist. Dabei sind vor allem zwei Themen kritisch.

Immer mehr Neobanken erweitern ihre Bankdienstleistungs-Apps und bieten den Einstieg in die Welt der Kryptowährungen. In der Schweiz haben etwa die Flowbank und auch Yuh ihre Angebote um Kryptos erweitert, weitere denken darüber nach. Die deutsche N26 etwa hat unlängst angekündigt, zukünftig auch Kryptoinvestments abdecken zu wollen. „Für viele jüngere Kunden ist das ein interessantes, vielleicht sogar entscheidendes Angebot, um eine Banking-Plattform zu nutzen“, sagt Mike Hofer. „Kryptos gehören beim Anlegen für viele Menschen inzwischen dazu.“ Doch die traditionellen Häuser tun sich schwer mit einem Einstieg.

Traditionellen Banken fehlt es an Infrastruktur und Verständnis

„Das liegt vor allem an zwei Punkten“, sagt Mike Hofer. „Zum einen fehlt es an der notwendigen Infrastruktur, zum anderen am grundlegenden Verständnis.“ Während es beim ersten Angriff der Neobanken letztlich um das bestehende Geschäftsmodell ging, das verbessert, beschleunigt und digitalisiert werden musste, geht es hier um etwas ganz Neues. „Es ist nicht damit getan, ein paar Server aufzubauen und die Dienstleistungen anzubieten“, so Hofer. „Hier geht es darum, dass die Blockchaintechnologie ganz andere Einnahmequellen ermöglicht – und bestehende wegfallen.“

Nach Ansicht von Mike Hofer denken die traditionellen Banken noch zu sehr defizitär, sehen mehr die Gefahr als die Chancen, weil sie nicht in der Kryptowelt zuhause sind. „Die Neobanken haben einen ganz anderen Zugang dazu“, sagt Experte Hofer. „Hier ist der Aufbruch die Regel, nicht die Verteidigung des Bestehenden.“ Dazu kommt, dass die Kryptowelt sehr stark im Retailbereich angesiedelt ist. „Die Kommunikation mit der Community, das Zuhören und Eingehen auf Kundenwünsche, das ist im Kryptobereich notwendig – und das haben die Neobanken verinnerlicht.“

Chance liegt in Kombination von klassischem Bankgeschäft mit Krypto-Leistungen

Abzusehen ist nach Einschätzung von Mike Hofer, dass die traditionsreichen Häuser, von Ausnahmen abgesehen, zunächst wieder eine ganze Weile brauchen werden, um zu reagieren. „Das bedeutet auch, dass sie eine Aufholjagd starten müssen“, sagt Hofer. „Dabei verfügen die Klassik-Banken über das Potenzial, vor allem bei den Kunden, um erfolgreich in den Kryptobereich eintreten zu können.“ Denn anders als die Neobanken bieten sie oft eine wesentlich breitere Palette an Bankdienstleistungen, können also das klassische Bankgeschäft mit Krypto kombinieren. „Aus unserer Sicht ist es eine echte Chance, die Infrastruktur so aufzubauen, dass beide Banking-Bereiche bedient werden können“, sagt Hofer. „Wer beides anbietet wird in den kommenden Jahren einen strategischen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurren­ten haben und somit sein Geschäft weiter ausweiten können.“ Denn wo die Neobanken lediglich ihren noch kleineren und oft jüngeren Kundenstamm ansprechen, können es die Traditionalisten schaffen, dem schon vorhandenen Geld den Zugang in die Welt der Kryptowährungen zu bieten.