Deutsche Bank: Aktien, Negativzinsen, Kupfer.

Marktteilnehmer schauen heute gespannt auf die Bekanntgabe des US-Verbraucherpreisindex für Juli, der DAX schneidet seit Anfang Juli schlechter ab als der europäische Gesamtmarkt, und rund 7,5 Billionen Euro an europäischen Anleihen rentieren negativ. Sagt Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden in einer Markteinschätzung.

USA: starke Impulse vom Arbeitsmarkt

Die Marktteilnehmer dürften heute gespannt auf die Bekanntgabe des US-Verbraucherpreisindex für Juli schauen. Dessen Anstieg wird mit 5,3 Prozent geringfügig niedriger als im Juni erwartet. Starke Inflationssignale gehen aktuell auch vom Arbeitsmarkt aus: Am Freitag war es noch der überraschend hohe Zuwachs neuer Jobs, zu Wochenbeginn ließ der JOLTS-Report der offenen Stellen aufhorchen. 3,4 Millionen offene Stellen konnten per Ende Juni nicht besetzt werden – zwar etwas weniger als im Mai, aber die Suche der Unternehmen nach Mitarbeitern verharrt auf hohem Niveau. Gleichzeitig stieg die Quote der freiwillig aus dem Job Ausscheidenden auf 2,7 Prozent; ein Indiz für eine stärkere Arbeitnehmerposition bei Lohnverhandlungen und ein zukünftig höheres Lohnniveau. Sollten die Arbeitsmarktdaten des kommenden Monats erneut robust ausfallen, könnte die US-Notenbank einen Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm vorziehen. Mit Kursverlusten an den Anleihemärkten wäre zu rechnen, allerdings würde ich dann auch kurzfristige Rücksetzer an den Aktienmärkten nicht ausschließen.

Aktien Europa: Gesamtmarkt bevorzugt

Seit Beginn der Berichtssaison Anfang Juli hat der DAX mit einem Kursanstieg von 1,5 Prozent gegenüber dem breiten europäischen Aktienindex STOXX 600 rund 2,5 Prozentpunkte schlechter abgeschnitten. Dies dürfte auch am mit 80 Prozent hohen Anteil zyklischer Unternehmen im DAX liegen. Diese profitierten zwar bisher von der wirtschaftlichen Erholung besonders, leiden aber zunehmend unter Komponentenknappheit sowie unter hohen Rohstoffpreisen. Insbesondere die Absatz- und Gewinnerwartungen der Autobauer und ihrer Zulieferer werden durch die globale Chip-Knappheit gedämpft: Allein in diesem Jahr wird der weltweite Produktionsausfall auf 5,2 Milliarden Fahrzeuge geschätzt. Da Experten mit einer spürbaren Entspannung nicht vor 2023 rechnen und der Automobilsektor mit zwölf Prozent im DAX gut viermal höher gewichtet ist als im STOXX 600, bevorzuge ich vorerst den breiteren europäischen Markt. Zumal die bevorstehenden Bundestagswahlen im September für zusätzliche Schwankungen am hiesigen Aktienmarkt sorgen könnten.

Negative Kapitalmarktzinsen in Europa

Das Gesamtvolumen an europäischen Anleihen, die negativ rentieren, ist jüngst mit rund 7,5 Billionen Euro auf den höchsten Stand seit Februar gestiegen. Insbesondere für deutsche Staatsanleihen (Bundesanleihen; kurz „Bunds“) fielen die Renditen seit Anfang Juli so stark wie zuletzt zu Beginn der Covid-19-Pandemie, sodass in den vergangenen Tagen auch Bunds mit 30-jähriger Laufzeit zeitweise wieder unter der Nulllinie rentierten.

Verantwortlich hierfür ist unter anderem das neue Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von nachhaltig zwei Prozent, das vor einer ersten Leitzinserhöhung erreicht werden soll. Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus, dass trotz eines kurzfristigen Überschreitens dieser Zielmarke 2021 die Inflationsraten 2022 wieder sinken werden. Sie preisen eine erste Zinserhöhung deshalb für frühestens 2024 ein. Dennoch könnten die Kapitalmarktzinsen in Europa wie schon oft denen in den USA folgen, falls diese wie erwartet einen neuen Aufwärtstrend ausbilden. Dies hätte Kursverluste der Anleihen zur Folge, weshalb Engagements in diesen, wenn überhaupt, dann eher kurzfristig erfolgen sollten.

Angebotsrisiko bei Kupfer

Der Kupferpreis schwankte an der Londoner Metallbörse zuletzt ohne richtungsweisendes Signal um die Marke von 9.500 US-Dollar je Tonne. Nun könnte er aber wegen einer Angebotsverknappung ausbrechen. In der weltweit größten Kupfermine Escondida in Chile haben die Bergarbeiter ein Tarifangebot abgelehnt. Der Minenbetreiber hat daraufhin die Regierung eingeschaltet. Im Laufe der kommenden Tage sollen die Vermittlungsgespräche enden, für deren erfolglose Beendigung die Gewerkschaft ihre Mitglieder auf Streiks eingestellt hat. Eine ähnliche Situation mündete 2017 in einer 44-tägigen Arbeitsniederlegung in der Mine, die für fast sechs Prozent der globalen Kupferversorgung verantwortlich ist. Eine anhaltende Produktionsunterbrechung könnte den Kupferpreis weiter nach oben treiben und damit die Gewinne sowie die Aktienkurse der unter Vollauslastung fördernden Minenbetreiber außerhalb Chiles steigern.