Sutor Bank: Konjunktur verliert Einfluss

Lieferengpässe, schwächere Konjunkturerwartungen vor allem in den USA, steigende Inflationsraten: Die wirtschaftliche Entwicklung weltweit steht vor großen Herausforderungen. Dies sorgt seit einigen Wochen zudem für höhere Unsicherheit an den Kapitalmärkten. Nach Einschätzung der Hamburger Sutor Bank wird sich die weltweite konjunkturelle Erholung jedoch weiter fortsetzen. In China zeige sich dies etwa an stark gestiegenen Exporten im September. Allerdings dürfte die Erholung nicht mehr auf den gleichen fruchtbaren Boden an den Kapitalmärkten fallen wie in den letzten Monaten. Dafür sind aus Sicht der Sutor Bank die Erwartungen der Investoren und die Bewertungsrelationen zu stark gestiegen. Trotzdem werde es auch im 4. Quartal 2021 Möglichkeiten geben, am Kapitalmarkt Erträge zu generieren. Aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Dynamiken in Regionen weltweit komme es nun besonders auf eine breite Anlagestreuung an.

Deutschland: Kauflust der Verbraucher kann nur schleppend bedient werden

Die Lieferengpässe belasten die deutsche Wirtschaft immer mehr. Fast zwei Drittel der Industriebetriebe klagen mittlerweile über Engpässe bei Vorprodukten. Im Automobilbereich stehen aufgrund des Mangels an Halbleiterchips inzwischen Werke tagelang still. Das drückt auf die Umsätze und die Gewinne. Die Wartezeit auf einen neuen Hybrid-Golf beispielsweise beträgt jetzt schon 8 Monate. Die Kauflust der Verbraucher kann nur schleppend bedient werden. Die Probleme strahlen mittlerweile auch auf andere Branchen aus. Laut ifo-Institut klagen 60 Prozent der Großhändler und mehr als 40 Prozent der Einzelhändler über entsprechende Probleme. Folgerichtig hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft etwas eingetrübt, bewegt sich aber immer noch auf einem Wachstumspfad. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im September auf 98,8 Punkte gefallen – nach 99,4 Punkten im August und 100,7 Punkten im Juli. 

Die Inflation macht sich hierzulande weiterhin bemerkbar. Im September lag die Inflationsrate bereits bei 4,1 Prozent. Insbesondere die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze und der Preisverfall der Mineralölprodukte 2020 wirken sich im Vorjahresvergleich noch bis zum Jahresende 2021 erhöhend auf die Gesamtteuerung aus. 

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin positiv. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nehmen kräftig ab. Die Arbeitslosenquote sank im September gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent – 0,8 Prozentpunkte niedriger als im September 2020. 

Europa: verbesserte Stimmung bei Unternehmen

Die europäische Wirtschaft ist im 3. Quartal auf den Wachstumspfad zurückgekehrt. Die zunehmenden Lockerungen der Lockdown-Maßnahmen haben sich positiv auf die Dienstleister ausgewirkt. Die Stimmung der Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten erheblich verbessert. Im ausfuhrorientierten verarbeitenden Gewerbe der Eurozone schätzen die Einkaufsmanager die Situation derzeit deutlich besser ein als in den Monaten zuvor, auch wenn die Lieferengpässe dazu führen, dass sie die Auftragsflut nur zeitverzögert abarbeiten können. 

Die Inflation in der Eurozone hat im September weiter zugelegt und mit 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat den höchsten Stand seit 13 Jahren erreicht. Im Juli hatte die Rate lediglich 2,2 Prozent betragen. Die Mitglieder des EZB-Rats sehen zwar das Risiko, dass die Inflation im Euroraum nicht nur kurzfristig, sondern auch auf mittlere Sicht höher als erwartet ausfallen könnte. Nach wie vor hält die Notenbank den Preisanstieg in diesem Jahr hauptsächlich aber für ein vorübergehendes Phänomen.

USA: Konjunkturerwartungen nach unten revidiert 

Laut aktuellem ZEW-Report werden die Konjunkturerwartungen für das zweite Halbjahr 2021 nach unten revidiert. Der entsprechende Indikator sinkt um 9,8 Punkte auf 58,9 Punkte. Damit liegt er auf einem ähnlichen Niveau wie im Dezember 2020. Das amerikanische Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich auf das Jahr hochgerechnet um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im 1. Quartal war die US-Wirtschaft um 6,4 Prozent gewachsen. 

Die Inflationsrate zog auch in den USA weiter an und lag im September bei 5,4 Prozent, im August bei 5,3 Prozent. Diese Werte liegen weit über den vorherigen Prognosen der US-Notenbank Fed. Auf so hohem Niveau war die Inflation zuletzt in den 1990er-Jahren. Die starke Gesamtnachfrage eröffnet den Unternehmen Spielräume zur Weitergabe der steigenden Produktionskosten – der Druck auf die Preise bleibt grundsätzlich weiterhin hoch. 

Angesichts der erhöhten Inflationsrisiken bereitete US-Notenbankchef Jerome Powell die Finanzmärkte auf einen strafferen Kurs der Fed vor. Einstellungsschwierigkeiten nach der Corona-Krise sowie Preisanstiege könnten länger anhalten als erwartet. Falls sich die Inflation verfestigen sollte, werde die Fed reagieren. Das bestärkt die Finanzmärkte in ihrer Erwartung, dass die Fed schon bald den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einleiten und womöglich bereits 2022 die Zinswende vollziehen könnte. 

Emerging Markets: Chinas Exporte legen kräftig zu

Die Konjunkturdynamik in China hat sich seit Jahresbeginn zwar insgesamt abgeschwächt, der Exportsektor entwickelt sich jedoch weiterhin kräftig. Gegenüber dem Vorjahresmonat konnten die Exporte im September um stolze 28,1 Prozent zulegen, die Importe wuchsen demgegenüber jedoch nur um 17,6 Prozent. 

Die Regierung hat neue Infrastrukturprojekte an die Vorlage positiver Kosten-Nutzen-Analysen gebunden und damit signalisiert, dass sie eine Ausweitung von Infrastrukturprojekten zur Stützung der Konjunktur aktuell nicht für nötig erachtet. Allerdings wurde eine Senkung der Mindestreservesätze zur Stützung der Konjunktur in Aussicht gestellt.

Fazit: Konjunkturelle Erholung wird weniger stark auf Kapitalmärkte wirken

Nach Einschätzung der Sutor Bank wird sich die weltweite konjunkturelle Erholung weiter fortsetzen. Jedoch wird sie nicht mehr auf den gleichen fruchtbaren Boden an den Kapitalmärkten fallen wie in den letzten Monaten. Dafür sind die Erwartungen der Investoren und die Bewertungsrelationen zu stark gestiegen. Trotzdem wird es auch im 4. Quartal 2021 Möglichkeiten geben, am Kapitalmarkt Erträge zu generieren – sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen. Aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Dynamiken in Ländern und Regionen weltweit sei es für Anleger daher angebracht, weltweit breit über Aktien und Anleihen zu streuen, um einerseits Renditechancen zu nutzen, andererseits das Portfolio zu stabilisieren.