– Mit rund 14 Prozent Plus hat der DAX ein sehr ordentliches erstes Halbjahr hinter sich gebracht. Hinzu kommt ein erst kürzlich erreichtes neues Allzeithoch mit 16.357 Punkten. Doch könnte aus Sicht von Mathias Beil, Leiter Private Banking bei der Hamburger Sutor Bank, ein schwieriges zweites Halbjahr an den Kapitalmärkten anstehen. „Die Vorzeichen einer zähen zweiten Jahreshälfte mehren sich“, erklärt Beil. Die letzten Inflationszahlen zeigten, dass der Trend hin zu einer niedrigeren Inflation insbesondere in Deutschland längst nicht stabil ist, eine Rezession sei faktisch schon bestätigt. Der DAX-Rekord beruht zudem auf nur geringen Börsenumsätzen, was ebenfalls die Frage aufwirft, wie stabil das Hoch ist. Einen kompletten Ausstieg am Aktienmarkt hält Beil für nicht angebracht, doch könnten die Zeiten für konjunktursensitive Titel schwieriger werden.
Inflation im Juni bleibt hoch: 6,4 Prozent in Deutschland
Die jüngsten Inflationsdaten aus Deutschland zeigen einen Preisanstieg von 6,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Demgegenüber ging die Inflationsrate in der Eurozone im Juni auf 5,5 Prozent (Mai: 6,1%) zurück. Trotz des Inflationsrückgangs in der Eurozone dürfte die EZB aus Sicht von Mathias Beil weitere Zinsschritte machen. „Die Zinskurve ist sehr invers, was in aller Regel auf eine Rezession schließen lässt. Sowohl in der Eurozone als auch in Deutschland haben wir zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum“, stellt der Experte fest.
Die Markterwartung ist, dass spätestens im ersten Quartal 2024 Zinssenkungen anstehen könnten. „Derzeit spricht viel dagegen. Sollte die Rezession länger andauern, könnten in vielen kleineren Unternehmen die Cashflows einbrechen. Das gepaart mit höheren Lohnforderungen könnte sich negativ auf die notwendigen Zukunftsinvestitionen auswirken“, erklärt Mathias Beil.
DAX-Rekord mit nur geringen Börsenumsätzen
Betrachtet man die jüngsten Entwicklungen am Aktienmarkt, dann ist die Bewertung der DAX-Aktien um 10 Prozent teurer als im Oktober letzten Jahres. Globale Aktien sind im Vergleichszeitraum im Schnitt rund 40 Prozent teurer bewertet. Der S&P 500 ist derzeit im Schnitt mit einem KGV von 20 bewertet, was einer Steigerung von 20 Prozent entspricht.
„Das ist nichts für schwache Nerven“, sagt Mathias Beil. „Zusätzlich lässt die Tatsache, dass der jüngste DAX-Rekord mit relativ geringen Umsätzen zustande gekommen ist, an der Widerstandsfähigkeit in turbulenten Phasen zweifeln“, fährt Beil fort. Von den 40 DAX-Werten sind im laufenden Jahr nur 15 stärker als der DAX gestiegen, 14 haben weniger zugelegt als der DAX und sogar 11 Titel haben verloren. Hinzukommt, dass der DAX ein Performanceindex ist. „Rechnet man die Dividenden heraus und blickt auf den Kursindex, dann sind wir vom Allzeithoch noch ein gutes Stück entfernt“, erklärt Beil.
Einen kompletten Ausstieg am Aktienmarkt hält Kapitalmarktexperte Beil für die falsche Konsequenz. Die Aktienquote könnte aber etwas reduziert werden. Vor allem für konjunktursensitive Werte sieht Beil schwierigere Zeiten. „Die Global Player in den Branchen Gesundheit und Technologie sollten diese Börsenphase am besten überstehen. Vorzuziehen sind daher Papiere aus der Gesundheits- und Technologie-, aber auch in der Immobilienbranche gibt es Chancen“, sagt Beil.