VanEck: Gold mit Risiken

„die russische Zentralbank hat den Zugang zu einem großen Teil ihrer Devisenreserven verloren, da westliche Regierungen als Reaktion auf die russischen Angriffe auf die Ukraine Vermögen eingefroren haben“, sagt Joe Foster, Portfoliomanager und Goldstratege bei VanEck, in seinem aktuellen Goldkommentar. „Die Devisenreserven der russischen Zentralbank wurden dadurch nutzlos, und das zu einem kritischen Zeitpunkt.“

Somit geriet das Gold in den Beständen der russischen Zentralbank in den Fokus, das dank der starken Käufe der letzten Jahre schätzungsweise etwas mehr als 20 Prozent ihrer Gesamtreserven ausmacht. Andere Zentralbanken auf der ganzen Welt beobachteten sicherlich, wie sich Gold unangefochten als sicherer Wertaufbewahrungsort erwies. Später im März verboten die USA alle Goldtransaktionen mit Russland. „Dies erschwert zwar sicherlich die Verkäufe, doch bezweifeln wir, dass dies Russland davon abhalten wird, sein Gold bei Bedarf zu monetarisieren. Später kündigte die russische Zentralbank nämlich an, Gold von russischen Kreditinstituten zu kaufen“, so Foster.

„In Anbetracht dieser Entwicklungen halten wir es durchaus für möglich, dass das Einfrieren der russischen Devisenreserven die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit einer Diversifizierung in Gold lenkt. Dies könnte dann positive Auswirkungen auf die Goldnachfrage der Zentralbanken und anderer Institute und Anleger weltweit haben“, erklärt der Goldexperte. Ein relativ geringer Anstieg des Anteils von Gold an den weltweiten Finanzanlagen beispielsweise auf 2 Prozent könnte zu einer Verdoppelung der Nachfrage und damit des Goldpreises führen. „Auch wenn diese Szenarien spekulativ sind, so ist es doch nicht so unwahrscheinlich, dass der Goldpreis von seinem derzeitigen Niveau aus weiter steigt.“

„Kurzfristig wird der Goldpreis unseres Erachtens weiterhin von den Auswirkungen und Risiken des anhaltenden Krieges, seiner möglichen Ausweitung über die Ukraine hinaus und den verbleibenden negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft bestimmt werden. Darüber hinaus werden die Goldmärkte den Kampf der Fed gegen die Inflation beobachten.“ Die Fed hat bekräftigt, dass sie über die notwendigen Instrumente verfügt, um die Inflation zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht verfestigt. „Der Markt geht davon aus, dass die Fed auf jeder ihrer sechs verbleibenden FOMC-Sitzungen im Jahr 2022 die Zinsen um mindestens 25 Basispunkte anheben wird“, sagt Foster. „Die jüngsten Kommentare von Fed-Mitgliedern deuten zudem darauf hin, dass eine Anhebung um 50 Basispunkte durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Diese Prognosen dürfen unseres Erachtens auf den Goldmärkten bereits eingepreist sein.“

Vor diesem Hintergrund dürfte die Entwicklung des Goldpreises eng verknüpft sein mit den sich ändernden Erwartungen in Bezug auf das Tempo der Zinserhöhungen durch die Fed und – was vielleicht noch wichtiger ist – mit den wahrgenommenen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Inflation. Oder anders ausgedrückt: Höhere Zinsen sind zwar im Allgemeinen negativ für Gold, aber die realen Zinsen (nominale Zinssätze abzüglich Inflation) sind stärker (negativ) mit Gold korreliert. Die Fed muss in unruhigen Gewässern navigieren, die durch den anhaltenden Krieg noch rauer werden. Sie muss offensiv genug sein, um eine echte Chance zur Bekämpfung der Inflation zu haben, aber gleichzeitig darauf achten, dass sie die Wirtschaft nicht in eine Rezession stürzt. „Sowohl eine anhaltende Inflation als auch eine Rezession wären positiv für Gold“, sagt Foster.