In den vergangenen Monaten trieben einige wenige Werte Indizes wie den S&P 500 gewaltig an. Die glorreichen sieben Techwerte machten einen Großteil der Indexgewinne aus. „Seit Ende Mai sehen wir hier einen Umschwung“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Mittlerweile holen andere auf, der wesentlich breiter aufgestellte Russell2000-Index performte zuletzt besser als Nasdaq und S&P.“
An den Märkten wurde viel darüber gelästert, dass in den USA die gesamte Performance dieses Jahres im Grunde ein Anstieg der Top Fünf oder der glorreichen Sieben gewesen sei. „Am Ende des Tages waren die schönen Indexgewinne nur zurückzuführen auf ein paar großkapitalisierte Techwerte“, sagt Bente. „Das ist auch soweit richtig, wenn man seit Jahresanfang schaut.“ Da hat sich etwa der S&P mit einem Plus von mehr als 13 Prozent deutlich besser entwickelt als der Russell2000, ein Index, der eher kleinere statt großkapitalisierte und eher konjunkturzyklische statt Techwerte enthält. „Der Russell schaffte nur knapp 3,5 Prozent plus, Big-Tech hängte die breite Masse ab.“
Dabei wird bislang übersehen, dass diese unterschiedliche Performance nur bis Ende Mai lief. „Seit Anfang Juni hat sich das gedreht“, sagt Bente. „Der Russell hat den S&P outperformt.“ Es ist also zu einem Comeback der konjunkturzyklischeren und eher kleinkapitalisierten Werte gekommen. „Insofern ist das Mantra der Märkte, das alles sei nur der Anstieg der glorreichen Sieben, eine im Rückspiegel richtige, aber für die Zukunft zweifelhafte Betrachtungsweise“, so Bente.
Wenn man hingegen die Veränderungen einbezieht, die seit Anfang Juni stattgefunden haben, entsteht eine ganz andere Aussage. Seit nunmehr fast einem Monat wurde die starke Outperformance-Phase gebrochen, der Russell performt den S&P out. „Damit kommt die Liquidität mehr in der zyklischen Tiefe an, die Aktienmarktentwicklung verläuft weniger selektiv“, so Bente. „In diesem zunächst rein monetären Faktum steckt auch eine konjunkturelle Botschaft.“ Ein solch stärkerer Anstieg des Russell2000 macht keinen Sinn, wenn der unmittelbare Eintritt in eine Rezession erwartet wird. „In Rezessionen entwickeln sich naturgemäß kleiner kapitalisierte, auch finanziell häufig schwachbrüstigere Unternehmen aus konjunktursensiblen Branchen schwächer als großkapitalisierte, oligopolistische oder gar monopolistische Techkonzerne“, sagt Bente. „Diese geraten weder mit Finanzstress noch mit rezessiven Tendenzen wirklich in existenzielle Probleme.“
Insofern macht es sehr viel Sinn, dass sich in einem rezessiven Umfeld die großen Techkonzerne besser entwickeln als konjunkturzyklische Unternehmen. Oder anders formuliert: Umgekehrt macht es wenig Sinn, dass einerseits der Russell outperformt, aber andererseits eine Rezession unmittelbar bevorsteht. „Insofern lohnt es, nicht nur in den Rückspiegel zu schauen, sondern auch durch die Windschutzscheibe. Dann ist vielleicht auch zu erkennen, dass die Entwicklung gar nicht mehr so selektiv ist“, sagt Bente. „Und darin könnte auch die Botschaft stecken, dass die Rezessionswahrscheinlichkeit im Vergleich zu den ersten Monaten des Jahres stark abgenommen hat.“