In den USA genau wie in Europa hat sich das Zinsniveau deutlich von der Nulllinie abgesetzt, negative Zinsen sind kein Thema mehr. „Wir bewegen uns dabei nicht in einem temporären, sondern in einem strukturellen Inflationsumfeld“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Damit sollten die Zinsen weiter steigen – und das bringt für Mischfonds große Veränderungen.“
So ist davon auszugehen, dass die Null-Prozent-Linie, die das Niveau lange markierte, so schnell nicht mehr zu sehen sein wird. „Drei Prozent sind das neue null Prozent“, so Bente. Das bedeutet gleichzeitig, dass das Zinsniveau bei weiteren Inflationswellen eher treppenförmig weiter hochläuft. „Ähnlich war das in den 1970er-Jahren zu beobachten“, sagt Bente. „Auch da kam es zu Inflations- und Leitzinswellen, aber am Ende des Tages waren die Zinsanstiegsphase stärker als die Zinssenkungsphasen.“ Damit ergab sich ein treppenförmiger Anstieg der Zinsen. In jedem Fall ist die Ausgangsbasis für die weitere Entwicklung des Zyklus die Marke von drei Prozent, die in Europa die neue Nulllinie darstellt. In den USA könnten sogar die vier Prozent die neue Nulllinie sein.
Vielfach wird angenommen, dass weitere Zinsanstiege vor allem in Europa gar nicht möglich sind, weil das die überschuldeten Staaten vor allem in Südeuropa überfordern würde. „Doch das ist grundfalsch, weil es verkennt, dass eine Notenbank immer die Möglichkeit hat, über den Aufkauf von Staatsanleihen die reale Zinslast der Staaten zu senken“, sagt Bente. „Es kommt nicht darauf an, wie hoch der nominale Zins ist, sondern wie viel er an externe Gläubiger insgesamt zu zahlen hat.“ Denn wenn er für einen großen Teil seiner Anleihen die Zinsen an seine Notenbank zahlen muss, kommt das Geld über erhöhte Ausschüttungen der Notenbankgewinne wieder zurück in die Staatskasse.“
Steigende Zinsen führen zu einem deutlich veränderten Umfeld für die Fondsindustrie. „Vor allem für Mischfonds gilt das, die so etwas waren wie Ersatzprodukte für Zinsen“, sagt Bente. Denn nun gibt es wieder Zinsen und auch wenn diese zumindest in Europa noch nicht so attraktiv sind, sollten doch mit der nächsten Zinswelle auch in Europa im Anleihebereich etwa bei Unternehmensanleihen mit guter Bonität Renditen von sechs, vielleicht sogar sieben Prozent erreicht werden. „Wozu werden in einem solchen Umfeld Mischfonds noch gebraucht, die nur als Ersatz für nicht vorhandene Anleiherendite eingesetzt wurden“, so Bente. „Jetzt sind mit Anleihen ähnliche Renditen zu erzielen.“
Deshalb werden Mischfonds als gesamtes Segment weniger attraktiv, bei manchen wird sogar die Notwendigkeit ihrer Existenz infrage gestellt. Wenn ein Mischfonds nur mit niedriger Volatilität die alten Anleiherenditen replizieren sollte, dann wird er nicht mehr gebraucht, denn die alten Anleiherenditen sind ja die neuen. „Das gilt aber nur für die Mischfonds, die nicht neben dem Renditeersatz für die Null-Anleihen noch weiteren Nutzen für die Anleger aufweisen“, sagt Bente. „In einer Welt höherer Zinsen haben nur noch diejenigen Mischfonds eine Zukunft im Wettbewerb mit simplen Anleihen, die zusätzliche Eigenschaften mitbringen.“
Und zwar Eigenschaften, die sie im Aktien- als auch im Anleihebereich interessant machen. „Die Vergangenheit zeigt, dass sich im Umfeld struktureller Inflation Aktien- und Rentenmärkte oft im Gleichklang bewegen“, sagt Bente. „Strategische Asset-Allokation, die auf Diversifikation à la Markowitz basiert, funktioniert dann signifikant schlechter.“ Taktische Asset-Allokation und aktives Risikomanagement waren in solchen Zeiten schon immer die wirklichen Diversifikatoren.
Mischfonds oder ganz allgemein Liquid Alternatives, die diese echte Diversifikation bieten, die taktische statt strategischer Asset-Allokation betreiben und sich deshalb auch wirksam in Aktien- und Anleihen-Bärenmärkten entkoppeln können, haben eine Zukunft. Denn diese Mischfonds werden im Rahmen einer guten Portfoliodiversifikation auch noch in Zeiten attraktiver Zinsen gebraucht.