Deka: Tapering-Diskussion begonnen – Leitzinswende 2023
Die Fed hat beim Zinsentscheid gestern Abend nur wenige Änderungen an ihrem Statement vorgenommen. Allerdings befürwortet nun eine Mehrheit der FOMC-Mitglieder die Leitzinswende für 2023. Das schreibt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, in einer Einschätzung: Nochmals haben die FOMC-Mitglieder ihren Wachstumsausblick bis Ende 2023 nach oben korrigiert. Weniger ausgeprägt, dafür aber aus geldpolitischer Sicht bedeutsamer ist die Aufwärtsrevision der Projektionen für die Inflationsraten. Es wird nun sowohl für 2022 als auch für 2023 eine Inflationsrate erwartet, die leicht oberhalb der Zielmarke von 2 % liegt.
Laut Fed-Chef Powell fand bei diesem Treffen eine Diskussion über eine zukünftige Reduzierung der Anleihekäufe statt. Zudem bestätigte er, dass die aktuelle – transitorische – Inflationsentwicklung Risiken für den mittelfristigen Ausblick mit sich bringt. Wir erwarten weiterhin, dass das Anleihekaufprogramm im kommenden Jahr zurückgefahren wird und dass Mitte 2023 die Leitzinswende beginnt.
Janus Henderson: Erste Schritte der Falken
Diesmal lässt es sich nicht leugnen: Die US-Notenbank hat ihre ersten zaghaften Schritte in Richtung eines eher hawkishen Kurses gemacht. Das schreibt Oliver Blackbourn, Multi-Asset Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors in einem Marktkommentar. Das war an den Märkten sofort zu spüren. Während es keine unmittelbare Kursänderung gab, wurden in den Medianprognosen für die Zinssätze zwei Erhöhungen für Ende 2023 angekündigt. Außerdem wurde endlich über ein Tapering gesprochen. Der Vorsitzende Powell deutete jedoch an, dass ein Beginn des Tapering noch „in weiter Ferne“ liege, da der FOMC weiterhin nach weiteren Fortschritten in der Wirtschaft Ausschau halte.
Die Wirtschaftsprognosen der Fed stiegen an, da die Notenbank feststellte, dass das Wachstum in diesem Jahr noch stärker ausfallen wird, als sie bereits prognostiziert hatte. Die erwartete Wachstumsrate von 7 % liegt nun über den Konsenserwartungen der Ökonomen, obwohl die Prognostiker für das Wachstum im Jahr 2022 optimistischer sind als die US-Notenbank. Ansonsten zeigen die Prognosen der Fed nun eine klare Tendenz zu einer über dem Ziel liegenden Inflation in den kommenden Jahren. Die PCE-Inflation wird für die nächsten drei Jahre über dem Zielwert erwartet.
Die Zinsstrukturkurve reagierte rasch, wobei der untere Bereich der Kurve die größte Bewegung verzeichnete. Die Renditen 5-jähriger US-Staatsanleihen stiegen um rund 0,1 %, und auch die Benchmark-Rendite für 10-jährige Anleihen stieg an. Die Bewegung wurde von den Realrenditen beherrscht. Jedoch verzeichnete der Fünfjahreswert einen Anstieg von 0,2 %, da die Märkte die Verschiebung der Zinsprognosen innerhalb dieses Zeitrahmens berücksichtigten. Im Gegensatz dazu blieben die Renditen 30-jähriger US-Staatsanleihen nahezu konstant, denn die längerfristige Zinsprognose der Fed blieb mit 2,5 % unverändert. Dies dient schon seit einiger Zeit als Referenzpunkt für die am längsten laufenden Treasuries.
Wie immer angesichts der Bedeutung der Fed für die globalen Märkte gab es sofortige Reaktionen in allen Anlageklassen. Der US-Dollar legte gegenüber dem Euro zu, da Währungen weiterhin auf Veränderungen der Realrenditen reagieren. Eine höhere Realrendite macht den Greenback für Anleger attraktiver. Gleichzeitig belasteten die höheren Realrenditen den US-Aktienmarkt unmittelbar nach der Erklärung. Die hohen Bewertungen wurden nämlich durch die niedrigen Renditen gerechtfertigt. Während sich der S&P 500 recht schnell erholte, bekamen die Emerging Markets die Auswirkungen sowohl eines stärkeren US-Dollars als auch höherer US-Realrenditen zu spüren.
ZEW: Kontrollverlust bei US-Inflation möglich
Die US-amerikanische Notenbank Fed hat trotz des sehr starken Inflationsanstiegs auf 5,0 Prozent im Mai keine Änderungen ihrer Geldpolitik vorgenommen. Die Leitzinsen verbleiben weiterhin im Korridor von 0,0 bis 0,25 Prozent. Ebenso wenig hat der Zentralbankrat der Fed eine Verringerung der Wertpapierkäufe beschlossen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, erklärt dazu:
„Es sind im Kern zwei Argumente, mit denen die Fed die Fortsetzung ihres expansiven Kurses rechtfertigt. Erstens sei der starke aktuelle Inflationsdruck ein vorübergehendes Phänomen. Und zweitens müsse die Zentralbank auch ihrem neben der Preisstabilität gleichberechtigten Ziel gerecht werden und die US-Arbeitsmärkte bei ihrer Rückkehr zur Vollbeschäftigung unterstützen. Zumindest am ersten Argument sind angesichts markant gestiegener langfristiger Inflationserwartungen Zweifel angebracht. Es ist durchaus denkbar, dass der durch Sondereffekte geprägte kurzfristige Inflationsschub nur der Auftakt für eine dauerhaftere Inflationsdynamik ist. Fed und EZB betreiben derzeit ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Für die USA sind die Risiken für einen Kontrollverlust bei der Inflation aufgrund der für Friedenszeiten einmalig expansiven Fiskalpolitik sogar noch höher als für die Eurozone.“„Es sind im Kern zwei Argumente, mit denen die Fed die Fortsetzung ihres expansiven Kurses rechtfertigt. Erstens sei der starke aktuelle Inflationsdruck ein vorübergehendes Phänomen. Und zweitens müsse die Zentralbank auch ihrem neben der Preisstabilität gleichberechtigten Ziel gerecht werden und die US-Arbeitsmärkte bei ihrer Rückkehr zur Vollbeschäftigung unterstützen. Zumindest am ersten Argument sind angesichts markant gestiegener langfristiger Inflationserwartungen Zweifel angebracht. Es ist durchaus denkbar, dass der durch Sondereffekte geprägte kurzfristige Inflationsschub nur der Auftakt für eine dauerhaftere Inflationsdynamik ist. Fed und EZB betreiben derzeit ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Für die USA sind die Risiken für einen Kontrollverlust bei der Inflation aufgrund der für Friedenszeiten einmalig expansiven Fiskalpolitik sogar noch höher als für die Eurozone.“