Moventum: Aktien vor schwierigem Jahr

Die Börsenkurse haben diesseits wie jenseits des Atlantiks neue Rekordhöhen erreicht. Die konjunkturelle Schere zwischen den Vereinigten Staaten und Europa geht jedoch weiter auseinander. „Die USA zeigen sich dynamisch, dagegen bleibt Europa zunächst nur die Hoffnung auf noch weiter sinkende Zinsen“, erklärt Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM. „Für den US-Markt bauen sich allerdings Risiken auf.“

Die Aktienbörsen profitieren bereits seit Monaten von der Aussicht auf sinkende Zinsen in den USA und in Europa, die die Konjunktur ankurbeln könnten. Die Börsenrekorde in Deutschland stehen dabei in starkem Kontrast zur flauen Konjunktur. „Hier macht sich bemerkbar, dass die Dax-Unternehmen im Durchschnitt nicht einmal mehr ein Fünftel ihrer Umsätze in Deutschland machen“, erklärt Gerlinger. Die Aussichten für Deutschland bleiben trübe: Dieses Jahr wird die Wirtschaftsleistung wohl stagnieren oder leicht schrumpfen, für 2025 ist allenfalls ein schwaches Plus zu erwarten.

Nicht nur Deutschland, auch Frankreich kämpft mit rezessiven Tendenzen. Beide Länder stehen zudem politisch unter erheblichem Druck. „Die Politik findet kein Rezept, um die Wirtschaft zu stimulieren, zumal Haushaltszwänge den Spielraum beschränken“, so Gerlinger. Das verarbeitende Gewerbe leidet unter den extrem hohen Energiekosten und der Nachfrageschwäche insbesondere aus China. Belastend wirkt zudem ein möglicher Handelskrieg mit den USA, der einen weiteren großen Wettbewerbsnachteil für Europa bedeuten würde. Sollte der designierte Präsident Trump einen allgemeinen Zoll von zehn Prozent erlassen, so dürfte dies die europäische Wirtschaftsleistung um ein Prozent drücken. „Diese Faktoren sollten in den tiefen Aktienbewertungen und niedrigen Gewinnerwartungen weitestgehend eingepreist sein“, so Gerlinger. Sein Fazit: „Europas Hoffnungen ruhen auf stärkeren Zinssenkungen.“

Anders jenseits des Atlantiks: Die US-Börsen dürften in den nächsten Wochen weitere Rekordmarken erreichen, angetrieben durch die Hoffnung auf eine stärkere Wachstumsdynamik. Die berichteten Unternehmensgewinne des dritten Quartals 2024 bestätigten: Das Geschäft läuft. „Weitere Kurstreiber sind die Aussichten auf Steuersenkungen und Deregulierung, was vor allem Finanztitel und Nebenwerte stützt“, so Gerlinger. Schließlich erzielen die US-Small-Caps drei Viertel ihrer Umsätze im Inland. Zudem besteht unverändert ein Bewertungsabschlag von 25 Prozent gegenüber den Large Caps. Zu den attraktiven Branchen zählt neben den Finanzwerten auch weiterhin der Technologiesektor: Die Gewinne sprudeln, das Thema KI bleibt ein Megatrend.

„Insgesamt sind US-Aktien trotz unverändert sehr hoher Bewertung am aussichtsreichsten“, so Gerlingers Fazit. Allerdings sieht er Kipppunkte, die zu einem Umschwung führen könnten: erstens die Abschiebung illegaler Einwanderer, was Arbeitsmarkt und Konjunktur belasten würde. Zweitens eine Attacke Trumps auf die Unabhängigkeit der US-Zentralbank Fed. „Damit ist jedoch nicht vor 2026 zu rechnen“, erklärt Gerlinger, denn Anfang 2026 sei ein erster Posten im Fed-Direktorium neu zu besetzen. Der Vertrag des Fed-Vorsitzenden Powell laufe im Mai 2026 aus.

Längerfristig positiv sieht Gerlinger den japanischen Aktienmarkt. Zwar ist in den kommenden Monaten mit weiteren Leitzinserhöhungen zu rechnen. Zu erwarten seien allerdings hohe Lohnabschlüsse, die den Konsum stützen, sowie eine Steuerreform. „Günstige Aktienbewertungen, starke Bilanzen, Corporate-Governance-Initiativen wie verstärkte Aktienrückkäufe sprechen längerfristig für japanische Aktien.“ Die Aussicht auf einen stärkeren Yen schränke das Risiko aus Sicht von Euro-Anlegern ein.             

Wenig spricht dagegen derzeit für Anlagen in Schwellenländern. Zwar stimuliert China seine Konjunktur, um gegen die hartnäckige Immobilienkrise anzugehen. „Doch bislang haben wir nur kurze Strohfeuer gesehen“, sagt Gerlinger. Der Vertrauensverlust durch die Immobilienkrise überwiege noch immer den möglichen positiven Effekten geldpolitischer Maßnahmen. „Hinter dem Erfolg weiterer möglicher Stimulierungsprogramme kann ein großes Fragezeichen gesetzt werden“, so Gerlinger, „ebenso wie hinter das Wachstumsziel Pekings von fünf Prozent für 2024.“ In den kommenden Jahren sei sogar eher mit einer mehr oder minder kontinuierlichen Wachstumsabschwächung zu rechnen – auch wegen eines möglichen Handelskriegs mit den USA, der China am härtesten treffen würde.

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