Moventum: Der Chipkampf mit China verändert die Zyklen

Der geopolitische Kampf um Halbleiter ist längst kein branchenspezifisches Thema mehr – er verändert die ökonomischen Zyklen Europas. Der Fall Nexperia zeigt, wie klein die Zündfunken sein können, die große wirtschaftliche Verwerfungen auslösen. „Das ist das Senkaku-Paradoxon in Aktion“, sagt Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM. „Ein einzelner kleiner Eingriff kann ganze Lieferketten ins Wanken bringen.“

Erstmals seit dem Kalten Krieg hat die niederländische Regierung ein Notstandsgesetz aktiviert, um den chinesisch kontrollierten Chiphersteller Nexperia unter staatliche Aufsicht zu stellen. Hintergrund sind Hinweise auf Interessenkonflikte und Vermögensverschiebungen bei der Muttergesellschaft Wingtech, einem Konzern mit engen Verbindungen nach Peking. Washington hatte bereits zuvor massiven Druck ausgeübt und den Austausch des chinesischen CEOs gefordert. Für Anleger ist dieser Schritt ein Weckruf: Staaten greifen zunehmend in Märkte ein, wenn geopolitische Interessen auf dem Spiel stehen.

„Wir erleben den Kalten Krieg reloaded – aber diesmal auf der industriellen Ebene“, sagt Fischer. Der Chipmarkt, einst Symbol globaler Arbeitsteilung, wird zum Feld staatlicher Machtausübung. Das Tempo des Eingriffs zeigt, wie nervös Europa geworden ist. Die Abhängigkeit von China bei Chips, Seltenen Erden und Grundtechnologien wird nun als strategisches Risiko erkannt. Jahrzehntelang galt Offenheit als Stärke. Doch dies hat sich gedreht: „Europa zahlt jetzt den Preis für eine Dekade sorgloser Übernahmepolitik durch chinesische Unternehmen“, so Fischer.

Während Peking die Exportbeschränkungen für Seltene Erden verschärft, trifft die Maßnahme nicht nur die USA, sondern auch europäische Industrien ins Mark. „Nexperia steckt buchstäblich zwischen den Fronten“, so Fischer. „Zu niederländisch für China, zu chinesisch für die Niederlande.“ Diese Ambivalenz wird zum Symbol einer neuen geopolitischen Realität – und zu einem Weckruf für Anleger, die bisher auf die alte Globalisierungslogik setzten. Europäische Autohersteller wie Volkswagen und Bosch warnen bereits vor Engpässen und suchen hektisch nach alternativen Chipquellen. „Die Sorge vor einem politisch ausgelösten Chipmangel wächst“, sagt Fischer. „In der Industrie herrscht Alarmstimmung.“

Kurz vor den niederländischen Wahlen wird Nexperia darüber hinaus zum Symbol nationaler Selbstbehauptung und zum Testfall für die Frage, wie weit Europa bereit ist, seine industrielle Basis zu schützen. „Die Entscheidung ist mehr als Wirtschaftspolitik“, sagt Fischer. „Sie ist ein Signal, dass Europa bereit ist, geopolitisch zu denken.“ Für Investoren ist die Botschaft klar: Europa entdeckt die Industriepolitik – aber erst spät, teuer und aus der Defensive heraus. „Der EU-Chipplan hinkt, die Batteriezukunft wackelt und Berlin müsste jetzt zunehmend führen, statt nur zu mahnen“, sagt Fischer. „Kurzfristig bleiben Turbulenzen in der Chip- und Autozulieferkette wahrscheinlich, Lieferkettenrisiken sind nicht mehr hypothetisch, sondern systemisch.“

Und das verändert auch die Sichtweise für Anleger. „Mittelfristig lohnt der Blick auf Unternehmen, die von Reindustrialisierung, Rohstoff-Diversifizierung und den steigenden Verteidigungsbudgets profitieren“, sagt Fischer. Langfristig zeichnet sich ein weiterer Trend ab: Economic Security. „Firmen, die kritische Infrastruktur sichern, Energieunabhängigkeit fördern oder strategische Technologien entwickeln, werden zu Gewinnern des neuen Zeitalters“, so Fischer.

„Was für Politiker Souveränität heißt, heißt für Anleger: neue Zyklen, neue Subventionen – und neue Chancen“, so Fischer. Der Chipkampf mit China ist insofern kein Störfaktor im Konjunkturverlauf, sondern der Beginn eines neuen industriellen Zyklus.“ Geopolitisches Denken wird zum entscheidenden Teil der Anlagestrategie“, so Fischer. „Wer die Verschiebung von globaler Offenheit zu strategischer Autarkie versteht, investiert nicht in Krisen – sondern in die nächste Ära europäischer Wertschöpfung.“

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