Der laufende Börsenboom speist sich aus einer einzigen ergiebigen Quelle: der Euphorie rund um Künstliche Intelligenz. Doch erste Risse werden sichtbar. Die jüngsten Korrekturen der Oracle-Aktie nähren Zweifel an der Nachhaltigkeit des Booms. „Die Anleger sortieren sich neu – zwischen Begeisterung für den KI-Boom und wachsender Skepsis über seine ökonomische Substanz“, erklärt Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM. Was Investoren jetzt beachten sollten.
Hohe Inflation, geopolitische Spannungen und mäßiges Wirtschaftswachstum – nichts konnte die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten bremsen. Getragen wird der anhaltende Kursaufschwung von der Hoffnung auf Künstliche Intelligenz (KI). Zuletzt befeuerten einige Großdeals die Stimmung. So plant OpenAI, in den kommenden Jahren Aufträge im Volumen von über einer Billion US-Dollar zu vergeben – unter anderem an Oracle, Broadcom und AMD.
Die Zahlen beeindrucken, werfen aber auch Fragen auf. Denn die Infrastruktur, die hinter dieser Vision steht, entspricht einem Energiebedarf von zehn bis 20 Gigawatt – vergleichbar mit rund 20 Kernkraftwerken und Investitionssummen zwischen 15 und 20 Milliarden Dollar pro Anlage. „Das zeigt: Der KI-Traum hat enorme physische und finanzielle Dimensionen“, so Fischer.
Parallel dazu kippt die Marktpsychologie in eine neue Phase. Laut dem jüngsten Bank of America Fund Manager Survey sehen 54 Prozent der Fondsmanager eine „KI-Blase“ als derzeit größtes Risiko für die globalen Finanzmärkte. Auch der Internationale Währungsfonds warnt im aktuellen Stabilitätsbericht vor „hohen Bewertungen“ und einem „wachsenden Konzentrationsrisiko“: Der Boom sei zunehmend von wenigen Aktien abhängig.
Erschreckt wurden die Märkte zuletzt von Oracle: Nach rund 70 Prozent Kursplus seit Jahresbeginn büßte die Aktie kürzlich an zwei Tagen je sieben Prozent ein, bevor sie sich teilweise erholen konnte. Auslöser war ein Bericht über niedrigere Cloud-Margen als erwartet. Die Realität hinter den Zahlen: hohe Nachfrage, aber weit geringere Ertragskraft als in der klassischen Softwarewelt.
Laut The Information erzielte Oracle im letzten Quartal rund 900 Millionen US-Dollar Umsatz mit der Vermietung von Nvidia-Servern – bei einem Bruttogewinn von nur 125 Millionen US-Dollar, also einer Marge von etwa 14 Prozent. Bei kleineren Aufträgen wurden sogar Verluste registriert. Dem gegenüber steht, dass Oracle Milliarden in neue Serverfarmen und Chipkäufe investiert, um im Wettlauf um KI-Rechenzentren mitzuhalten. Noch trägt das Wachstum die Schulden. Doch sollten die Margen weiter sinken, wird aus dem Hebel rasch eine Hypothek.
„Für Privatanleger bedeutet das: Der KI-Boom ist keine Einbahnstraße“, erklärt Fischer. Hinter spektakulären Aufträgen stehen reale Kosten für Energie, Hardware und Finanzierung. Wer auf KI-Titel setzt, sollte daher selektiv vorgehen. Infrastrukturunternehmen bleiben Wachstumsfelder – jedoch mit steigenden Bewertungs- und Margenrisiken. „Diversifikation ist entscheidender denn je“, so Fischer. Ein Portfolio aus stabilen Cashflow-Unternehmen und gezielten KI-Engagements bietet mehr Sicherheit als die blinde Jagd nach dem nächsten KI-Gewinner. „Der langfristige Trend bleibt zwar intakt, doch die Marktphase ist von Übertreibung geprägt. In dieser Zeit sind Geduld und kühler Kopf mehr wert als die nächste KI-Schlagzeile.“
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