In den vergangenen drei Monaten war in den USA die Wirtschaftslage etwas besser als befürchtet, in Europa ist sie etwas schlechter als erhofft. Diesseits des Atlantiks stützen staatliche Programme die Konjunktur, jenseits des Atlantiks zeigt sich der Dienstleistungssektor robust. Die Gesamtlage ist also nicht schlecht. „Allerdings bleiben die politischen Risiken groß“, kommentiert Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM. Für Anleger ergeben sich damit Chancen bei Gold und ausgewählten Aktien.
Die US-Wirtschaft zeigt sich im dritten Quartal widerstandsfähig. Laut Atlanta Fed bewegt sich das aufs Jahr hochgerechnete BIP-Wachstum bei rund drei Prozent. „Das ist solide, aber kein Überflieger“, so Fischer. Während US-Dienstleister wachsen, schrumpft die Industrie. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes verharrt nun schon seit einem halben Jahr unterhalb der Schwelle, die ein Wachstum anzeigt.
Deutlich zeigt sich die Abschwächung am Arbeitsmarkt: Im August entstanden nur 22.000 neue Stellen, die Arbeitslosenquote kletterte auf 4,3 Prozent. Erstmals seit der Pandemie übersteigt die Zahl der Arbeitssuchenden die offenen Stellen. „Der Überschuss an Arbeitsnachfrage schmilzt sichtbar ab“, erklärt Fischer. „Damit verliert der Arbeitsmarkt seine Rolle als Puffer gegen konjunkturelle Abschwächung.“ Die nachträgliche Revision der Beschäftigungsdaten des U.S. Bureau of Labor Statistics um 911.000 Jobs für den Zeitraum April 2024 bis März 2025 sei zudem ein starkes Signal dafür, dass der US-Arbeitsmarkt im Gesamtjahr noch düsterer aussieht.
Gleichzeitig belastet die US-Zollpolitik das Geschäftsklima. „Zölle von durchschnittlich 14 bis 18 Prozent waren zuletzt in den 1930er-Jahren üblich“, so Fischer. Im US-chinesischen Handelskonflikt werden ab Mitte November die Weichen gestellt: Gelingt keine Einigung, droht eine Rückkehr zu drastisch höheren Zollsätzen mit Auswirkungen auf Preise, Margen und Investitionsentscheidungen.
Insgesamt, so Fischer, gleiche das Umfeld in den Vereinigten Staaten damit einem Szenario „Stagflation light“. Im Klartext: „Unterdurchschnittliches Wachstum bei steigender Arbeitslosenquote, ohne dass eine Rezession unser Basisszenario wäre.“
In Europa wiederum sei eine zarte Stabilisierung erkennbar. Die Einkaufsmanagerindizes legten im August auf ein 15-Monats-Hoch zu. Spanien und Italien verfügen über fiskalischen Spielraum, den sie für Wachstumsimpulse nutzen. Weiterer Impulsgeber ist Deutschland, wo das im Juli beschlossene Unternehmenssteuerpaket sowie Sonderprogramme für Verteidigung und Infrastruktur die Investitionen stärken sollen.
Politische Risiken dominieren allerdings auch in der Alten Welt. Neben der US-Handelspolitik bleiben wachsende Unsicherheiten in Frankreich, wo die alte Regierung über ihr Sparpaket gestürzt ist und eine neue Regierung kaum bessere Aussichten hat. Und während in den USA Leitzinssenkungen zu erwarten sind, dürfte von der Euro-Zentralbank kurzfristig kein zusätzlicher Stimulus ausgehen.
Für Anleger bietet das Gesamtbild trotzdem eine Reihe von attraktiven Möglichkeiten. So bleiben beispielsweise die fundamentalen Treiber des Goldpreises intakt – trotz des aktuell hohen Niveaus. Vor allem die Zentralbankkäufe aus Schwellenländern, allen voran China, stützen die Nachfrage. Zusätzlich begünstigen ein schwächerer Dollar, erwartete US-Zinssenkungen sowie geopolitische Unsicherheiten die Rolle von Gold als sicherer Hafen.
Der globale Aktienmarkt wurde in den vergangenen Monaten von den USA dominiert, zuletzt wurden neue Kursrekorde markiert. Die Bewertungen dort sind allerdings historisch hoch, der US-Präsident wirkt als permanenter Unsicherheitsfaktor. Gleichzeitig bleiben die USA globaler Technologieführer. „US-Aktien dürften daher Zugpferde bleiben“, so Fischer. „Anleger sind allerdings gut beraten, die aktuellen Bewertungen sorgfältig zu prüfen.“
Attraktiver bewertet ist Europa. Das Gewinnbild für 2025 ist zwar verhalten. „Doch mit einem deutlichen Bewertungsabschlag und fiskalpolitischen Impulsen – insbesondere durch die deutschen Programme – ergeben sich mittel- bis langfristig Renditechancen“, sagt Fischer. In Europa bevorzugt er Nebenwerte und Value-Titel, die am stärksten vom Abbau von Wachstumssorgen und einer Auflösung von Bewertungsdifferenzen profitieren könnten. „In den USA ist es dagegen schwer, einen Weg zu finden, der nicht mit den Themen Künstliche Intelligenz und Growth zu tun hat – zu stark sind die Gewinnaussichten für das Jahr 2026“, sagt Fischer.
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