Höhere Inflationsraten schmerzen, auch wenn EZB, Bundesbank und Wirtschaftswissenschaft sie nur für vorübergehend halten. „Die Inflationsrate mag ja irgendwann wieder sinken, die Preise für Konsumgüter aber eher nicht“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH. „Verlierer sind diejenigen, bei denen die Kaufkraft des Gehaltes dauerhaft geschmälert wird.“
Die Inflation ist in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen. Die Bundesbank kann sich bis zu vier Prozent Inflation am Jahresende 2021 vorstellen, die EZB passt die Prognosen von bislang 1,4 Prozent nach oben an und auch das Institut der deutschen Wirtschaft (iw) hält höhere Inflationsraten für möglich. Allen gemeinsam ist aber die Einschätzung, dass die erhöhten Inflationsraten allenfalls vorübergehend sein werden. „Das soll Verbraucher und Märkte beruhigen“, sagt Mlinaric. Es suggeriert auch, dass der Kaufkraftverlust durch steigende Preise vorübergehend sein würde. „Für Verbraucher aber ist es das ganz und gar nicht.“
Denn auch wenn Staaten und Notenbanken eine höhere Inflationsrate gut ertragen können, sind die meisten Menschen doch auf den Erhalt der Kaufkraft ihres Geldes angewiesen. „Die Inflation wird derzeit ja nicht durch steigende Gehälter ausgelöst“, sagt Mlinaric. „Auch wenn das die vielen als Lokführer zur Bahn gewechselten Piloten gerade durchsetzen wollen.“ Sie wird angetrieben von Energiepreisen und steigt ansonsten auf sehr breiter Basis. „Computer werden teurer, weil Chips knapp sind, aber auch Lebensmittel gehen zu höheren Preisen weg“, so Mlinaric. Und während die Energiepreise durchaus Schwankungen unterliegen und wieder sinken können, ist das bei vielen kleinen Gütern des täglichen oder kurz- und mittelfristigen Bedarfs nicht so. „Die Preise passen sich auf dem Weg nach oben viel schneller an als auf dem Weg nach unten“, so Mlinaric.
„Wenn die Inflationsraten also, wie verkündet, auch nur vorübergehend hoch sein sollten und danach wieder sinken, so bleiben uns die Folgen dieser Inflation in Form stark gestiegener Preise doch dauerhaft erhalten“, sagt Mlinaric. Ein Rückgang der Inflation auf niedrige Niveaus bedeutet ja nicht etwa, dass die Preise wieder auf das ursprüngliche Niveau zurückgehen. Sie steigen nur weniger stark weiter an. Es bedürfte schon einer ausgewachsenen Deflation, um die Preise wieder zu senken und die Kaufkraft der Gehälter zu steigern. „Doch anders als die Inflation, die wir täglich sehen und messen, hat es die viel beschworene Deflation in den vergangenen Monaten und Jahren nicht gegeben“, sagt Mlinaric.
Aus Sicht eines Risikomanagers gehört die Entwicklung der Inflation auch wegen der damit für Staaten, Unternehmen und Privatpersonen verbundenen Folgewirkungen zu den entscheidenden Kennzahlen. „Hier ist es wichtig, tatsächliche Einmaleffekte wie etwa die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer zu trennen von dauerhaften Effekten“, sagt Mlinaric. „Ein erhöhtes Preisniveau wirkt nun einmal dauerhaft, selbst wenn Notenbanken, Staaten und Wissenschaft es als einmaligen Ausrutscher bezeichnen.“