Die immer wieder beschriebene „Deutsche Angst“ hält auch die Banken im Griff. Zumindest wenn es um die Prognosen der zukünftigen Börsenentwicklungen geht. „In den vergangenen 20 Jahren unterschätzten die Analysten der Geldhäuser 14 Mal die Entwicklung des DAX, nur 6 Mal waren sie zu optimistisch“, sagt Mathias Beil auf Basis einer Auswertung von Jahresprognosen und DAX-Jahresendständen. „Das wird sich 2023 wiederholen. Anleger können optimistischer sein als die Banken.“
Die bisherigen Prognosen gehen von einem DAX-Jahresendstand von durchschnittlich 15.047 Punkten aus (Recherche FAZ, Angaben Banken und Vermögensverwalter). „Mittlerweile liegen wir glatte 1.000 Punkte darüber“, so Beil. „Und ein gewaltiger Absturz ist nicht zu sehen.“ Im Gegenteil sprechen viele Faktoren für ein positives Jahresende. Mit dem Überwinden der 16.000-Punkte-Marke im DAX könnte der endgültige Startschuss zur Jahresendrallye gegeben worden sein.
Das wird auch befeuert dadurch, dass die Bundesregierung die Schuldenbremse für 2023 aussetzen möchte und somit der Haushalt neu und rechtssicher aufgestellt wird. „Unsicherheit belastet die Börsen, diese Unsicherheit wird jetzt gelöst“, sagt Beil. Zumindest sollten von dieser Seite keine Belastungen ausgehen.
„Dazu kommt, dass die Historie für einen guten Jahresausklang spricht“, so Beil. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der DAX im Dezember eine positive Entwicklung hinlegt, liegt im historischen Rückblick bei rund 70 Prozent.“ Das liegt auch am sogenannten „Window Dressing“, bei dem Vermögensverwalter und Banken das Ergebnis ihrer Produkte zum Jahresende ausrichten. „Zumal man immer noch die Wunden aus dem schlechten Jahr 2022 leckt und dem Kunden nicht im zweiten Jahr aufeinander ein ernüchterndes Ergebnis präsentieren möchte“, so Beil.
Denn die – in den Prognosen feststellbare – „Deutsche Angst“ vor dem Optimismus hat bisher dafür gesorgt, dass viele namhafte Vermögensverwalter der Benchmark hinterherlaufen. „Um zum Jahresende nicht mit zu geringen Aktienquoten ein relativ schlechtes Ergebnis kommentieren zu müssen, erwarte ich, dass die Aktienquoten jetzt bis ans Limit hochgefahren werden“, sagt Beil. Das wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Umsätze am Aktienmarkt beflügeln und die Kurse treiben.