Zwei Wochen lang wollte die Bank of England (BoE) auf Inflationsbekämpfung verzichten, um dafür die Finanzmärkte wieder ins Gleichgewicht zu bringen. „Nach Ablauf der Frist zeigt sich, dass keines der beiden Ziele erreicht wurde“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Stattdessen sitzt die BoE jetzt mit stumpfen Waffen und gebundenen Händen noch tiefer im Problemberg.“ Woraus sich eine weitere Eskalation der Krisen nicht nur in England ergeben könnte.
Die Bank of England hat gerade ihr erst vor zwei Wochen als temporär und limitiert bezeichnetes Ankaufprogramm für britische Anleihen verlängert und erweitert. „Es war absehbar, dass sich die Probleme an den Finanzmärkten nicht in so kurzer Zeit beheben lassen“, sagt Bente. „Das Eingeständnis des Scheiterns ist aber für eine Notenbank schon dramatisch.“ Der Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung und Stabilisierung der Finanzmärkte lässt sich nicht mehr einfach auflösen.
In allen Krisen der vergangenen 20 Jahre stand den Notenbanken immer ein reich bestückter Werkzeugkasten zur Verfügung. „Sie mussten sich nur entscheiden, wie sie vorgehen wollten, und es dann mit aller Kraft umsetzen“, so Bente. „Diese volle Konzentration auf die Bekämpfung eines Übels ist jetzt aber nicht mehr möglich.“ Bislang standen den Notenbanken unbegrenzte Mittel zur Verfügung. „Whatever it takes war die Devise und das hat auch an den Märkten gefruchtet“, sagt Bente. „Die Bank of England zeigt, dass der Spagat zu groß geworden ist.“
Mit vollem Einsatz hätte die Bank of England vielleicht die Finanzmärkte beruhigen können. „In der Finanzkrise hat es sechs Monate gedauert, bis die geballte Kraft der Notenbanken die Märkte wieder beruhigt hatte“, so Bente. „In der Corona-Krise dauerte es sogar nur einen Monat, bis das Tief gesehen wurde.“ Die zwei Wochen der BoE wären aber ein einsamer Rekord gewesen, zumal das Programm aufgrund der hohen Inflation nur zaghaft umgesetzt wurde – und ist deshalb jetzt auch krachend gescheitert.
„Dieses Scheitern ist ein Hinweis darauf, dass künftige Krisen sogar alles in den Schatten stellen könnten, was in den vergangenen 20 Jahren an Krisen aufkam“, sagt Bente. „Denn die Bank of England ist zwar die erste, aber möglicherweise nicht die letzte Notenbank, die vor dem Zielkonflikt aus Inflationsbekämpfung und Finanzmarktstabilisierung kapitulieren muss.“ Bis jetzt gibt es nur ein Problem, das auf Großbritannien begrenzt ist. „Wenn aber die Fed oder die EZB eines Tages vor der Entscheidung im Zielkonflikt stehen, wird es wesentlich schwieriger, die Krisen viel schlimmer“, sagt Bente. „Denn auch hier sind die Werkzeuge stumpf, da sie nicht mit unlimitierter Größe aufgrund der drohenden Inflationsgefahr zum Einsatz gebracht werden können.“
„Auch wenn die Krise derzeit noch weniger bedrohlich erscheint, sie hat ein wesentlich stärkeres Eskalationspotenzial“, sagt Bente. „Jeder Schritt in Richtung Finanzmarktstabilisierung weitet die Inflation aus und umgekehrt.“ Der notwendige unlimitierte Einsatz ist in dieser Phase struktureller Inflation nicht mehr zu leisten.