Vates Invest: Die Fed auf dem Weg ins Stagflationsdilemma

Ist der anhaltende Preisdruck in den USA wirklich nur „vorübergehend“? „Wenn die US-Notenbank jetzt strukturelle Inflationsrisiken ignoriert, könnte sie bald zu drastischeren Schritten gezwungen sein“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. 

Dass die US-Notenbank die Zinsen gestern nicht gesenkt hat, war erwartet worden. Aufhorchen lassen sollte allerdings, dass Fed-Chef Jerome Powell den Inflationsdruck als „transitory“, als vorübergehend, bezeichnet. Das weckt böse Erinnerungen an 2021. „Die Fed wiederholt denselben Fehler: Sie unterschätzt die strukturellen Inflationskräfte und ignoriert langfristige Risiken“, sagt Bente. „Seit vier Jahren lag die CPI-Kerninflation nie wieder unter drei Prozent. Wie kann man da noch von ‚transitory‘ sprechen?“

Schon 2021/2022 hatte die Zentralbank den Preisdruck zunächst als vorübergehend eingestuft und damit ihr zaghaftes Handeln begründet. Weil die Inflation dann deutlich heftiger ausfiel als erwartet, musste sie die Zinsen kräftig erhöhen. Richtig sei an der aktuellen Einschätzung, dass die Zollpolitik von Donald Trump die Inflation verstärke, so Bente. Eine Ebene unter diesem offensichtlichen Zusammenhang blieben allerdings die strukturellen Treiber der Inflation intakt. „Die scheint Powell weiterhin auszublenden“, sagt Bente.

Die in Wellen verlaufende strukturelle Inflation droht sich derzeit zu verfestigen. Darüber dürften vorübergehende Abkühlungen nicht hinwegtäuschen. Gleichzeitig sei eine Konjunkturschwäche zu erwarten. In dieser Situation läuft die Notenbank Gefahr, erneut hinter die Kurve zu geraten. „Die Fed könnte sogar in ein ähnliches Stagflationsdilemma laufen wie in den 1970er-Jahren“, warnt Bente. 

Am Ende könne sie gezwungen sein, die Zinsen drastisch anzuheben, um die strukturelle Inflation zu brechen. „Womöglich braucht es dann in absehbarer Zeit einen ‚Paul Volcker 2.0‘, der auch um den Preis einer starken Rezession zu deutlichen Zinssteigerungen bereit ist“, sagt Bente. Dass die Fed aus Angst vor einem Ausbremsen der Wirtschaft derzeit nicht restriktiv handeln möchte, sei zunächst nachvollziehbar. „Wenn sie nötige Zinsanhebungen allerdings aussitzt, könnte sich die Periode der hohen Inflationsraten unnötig verlängern“, so Bente. „Denn wenn sich langfristig hohe Inflationserwartungen verfestigt und Lohn-Preis-Spiralen gebildet haben, ist es für die Notenbank ungleich schwerer, die Wirtschaft in eine Ära der Niedriginflation zurückzuführen, als wenn sie nicht der zweifellos bequemen, aber dennoch falschen Transitory-Illusion aufgesessen wäre.“

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